Bienenstich

„Bienenstich und Speckwurst“ lautet der Arbeitstitel. „Mein Leben in Deutschland begann mit einem Stück Bienenstich“ ist der Titel des Romans, der Mitte August 2017 im Größenwahn Verlag erscheinen wird.  Es handelt von den Identitätskrisen junger Migranten, ihrer Suche nach einem Platz in Deutschland und dem Kampf mit ihren Gefühlen.

In meinen frühesten Erinnerungen ist immer Sommer, heiß und meine Mutter trägt Kleider. Deutschland lernte ich bei Regen kennen, hier war ich das erste Mal im Leben im Sommer erkältet, meine Mutter fand lange keine Arbeit und mein Vater hatte keine Zeit zum Angeln.

Marie und der Ich-Erzähler sind ein Paar, beide nach Deutschland eingewandert, sie aus Rumänien, er aus Kasachstan. Ihre Vergangenheit verbindet sie, in der Gegenwart wählen sie aber oft unterschiedliche Wege, um in Deutschland zurechtzukommen.

Marie verließ das Wohnzimmer, ging ins Bad, ich hörte Wassergeräusche und die Spülung der Toilette. Sie kam zurück, setzt sich näher zu mir und sagte: „Weiß du, was noch typisch deutsch ist? So wie du alles zu erklären versuchst, das ist typisch deutsch. Und das hasse ich auch.“

Die Auseinandersetzung mit Marie wird für den Erzähler auch eine Auseinandersetzung mit sich selbst.

Ich konnte noch immer nicht sagen, wer oder was ich bin. Ich wusste nur, dass ich viel zu lange viel zu viele Rollen gespielt hatte. Die meisten hatte ich ohne Gegenwehr angenommen. Ich hatte sie angenommen, weil ich dachte, diese oder jene Rolle werde von mir erwartet. Von meinen Lehrern, von meinen Kommilitonen, von meinen Kollegen. Und von Marie.

Je mehr aber der Erzähler sich  selbst zu verstehen versucht, desto stärker verändert sich seine erinnerte Vergangenheit. Woran er als Kind geglaubt hat, verliert an Bedeutung. Die Welt, wie er sie gelernt hatte wahrzunehmen, schwindet.

Ich hatte im Kindergarten gelernt, dass ich im gerechtesten Land der Welt lebte, und dass alle Menschen gleich waren. Mein bester Freund war ein Kasache, unsere Nachbarn waren Letten, Ukrainer und Polen, und wir alle sprachen dieselbe Sprache. Dass die meisten auch dasselbe Schicksal teilten, Deportierte und ihre Nachfahren waren, darüber schwiegen unsere Eltern, Erzieher und Lehrer. Das lernte ich erst in Deutschland. Und etwas in mir zerbrach.